iXS GDC #4 Ilmenau, ABSOLUTE ABFAHRT!

August 2016

IXS GDC Ilmenau

Absolute Abfahrt, absolutes Wochenende. Am Donnerstag begann wieder einmal ein Race-Wochenende mit den üblichen Vorbereitungen: ankommen, Zelte aufschlagen, Technik-Ecke einrichten, Küchenbereich aufbauen und mal schauen, wer schon so alles da ist. Dass das Wochenende noch die eine oder andere Überraschung für uns parat haben sollte, konnte da ja noch keiner ahnen…

Freitag komme ich früh aus den Federn, es ist noch keiner sonst wach und ich stapfe in Richtung der Rennstrecke. Ein Husky gesellt sich zu mir, der herrenlos durch die Gegend stromert und gemeinsam lassen wir uns im Morgentau den Berg hochtragen. Ich bin das erste Mal in Ilmenau, es ist mein zweites Rennen insgesamt. Mein Horizont erstreckt sich, bezogen auf Streckenbau und Schwierigkeitsgrad, auf Winterberg und Willingen, wobei ich nur in Winterberg gefahren bin.

Entsprechend beeindruckt stehe ich vor dem „Holzkreuz“ sowie dem Step-Up an der Fankurve und kurze Zeit später und weiter oben vor den großen Anliegerkurven vor dem Steinfeld. So langsam dämmert mir, was hier alles „absolut“ werden könnte. Die längeren Grasstücke weiter oben sehen insgesamt noch relativ human aus und die Absätze scheinen auch gut fahrbar zu sein. Vom Roadgap geht es dann über eine offene Kurve zum Starthügel und ich beginne meinen eigentlichen Trackwalk von oben nach unten. Im Großen und Ganzen schaut es spaßig und schnell aus, doch ich erkenne bereits persönliche Baustellen in der Streckenführung.

Wieder unten angekommen erscheint Torsten Rödl pünktlich zum aufgebrühten Kaffee. Daniel und Thomas haben sich auch schon aus den Schlafsäcken erhoben, Sven Pfeiffer klettert aus seinem Van und Johannes Künne hat auch schon den Weg ins Bewusstsein gemeistert. Noah und Jason Kuhnen dämmern noch im Halbschlaf vor sich hin, da sie am Tag zuvor als Letzte ankamen und entsprechend kaputt waren.

Nach dem Kaffee stößt unser guter Freund Gino Schliffske zu uns und einen Augenblick später bin ich mit ihm und Torsten bereits zum zweiten Mal auf dem Weg nach oben. Gino und Torsten diskutieren Linien, verwerfen sie wieder, überlegen neue Möglichkeiten. Mir dämmert, dass dort kombiniert ca. 35 Jahre Downhill-Erfahrung vor mir stehen und ich stelle einfach nur die Lauscher auf und lerne.

Auf dem Rückweg kommt mir Sven Pfeiffer entgegen und so gehe ich ein drittes Mal die Strecke rauf und wieder runter, denn man kann ja nie genug Perspektiven haben, wenn das Problem noch nicht ganz eingeschätzt werden kann.

Als ich dann nach drei Bergläufen wieder im Fahrerlager bin, meldet sich langsam der Hunger. Da ich zügig los will und keinen Aufwand betreiben möchte, schütte ich meine Nussmischung, gefolgt von einer Packung Cabanossi  in meinen kleinen Eimer mit Datteltomaten und schon ist  „Haribo Colorado“ für Biker erfunden. Die Mischung findet schnell viele Freunde und nach einer halben Stunde sind sowohl meine  gesamten Tomaten, als auch die Nüsse und alle Cabanossi leer und alle Mägen voll.

Voller Vorfreude auf die Strecke geht es hoch zum Starthügel. Wir alle machen unsere ersten Aufwärmläufe und schnell zeigt sich, dass die von mir erdachten Linien leider nicht zum Speed passen oder zu der Linie davor. Die von Sven Pfeiffer läuft aber super, also versuche ich, so gut es geht, an ihm dran zu bleiben.

Mein neues ION 20 muss derweil derbe unter mir arbeiten, denn wir beide lernen uns gerade erst kennen. Der erste Ausflug mit dem Rad ging vor drei Tagen nach Winterberg und ich bin immer noch nicht ganz grün mit dem ganzen Federweg. Schließlich bin ich seit einem Jahr nur ION 16 gefahren und der Unterschied auf DH-Strecken ist gewaltig. Gegen Nachmittag stellt sich bei mir das Gefühl ein, ich fahre mit dem Rad und nicht andersrum und ich entwickle derben Spaß an der „Absoluten Abfahrt“. Die Kicker sind schön gebaut, die Wurzelstücke fliegen unter uns durch, die Absätze werden perfekt geschluckt und die Anlieger feuern uns in die Strecke.

Bei mir stellt sich zum ersten Mal ein Gefühl ein, was in Winterberg beim Rennen irgendwie nicht kommen wollte: ich habe Spaß am ballern, Spaß mit den anderen Fahrern und an der geilen Strecke. Aber, nach dem Höhenflug kommt ja bekanntlich…richtig, der Absturz. Letzte Abfahrt: eine Kurve zu spitz angefahren, das Hinterrad rutscht weg und mein Daumenballen landet beim Abfangen des Sturzes genau auf einem spitzen Stein. Scheisse! Es tut höllisch weh, scheint aber nicht gebrochen und außerdem stehe ich mitten im Wald kurz vor den Steilkurven. Also wieder rauf auf den Hobel.

Vor dem Steinfeld merke ich, dass ich mit der Hand entweder den Lenker richtig packen oder aber bremsen kann. Ergebnis und Siegerehrung ist ein Sturz im Steinfeld, der vom Rand wie ein Purzelbaum mit Rad gewirkt haben muss. Es haben sich weder meine Klickpedale noch meine Hände vom Lenker gelöst und ich liege mit dem Bike hangaufwärts zwischen den Ilmenauer Kieseln. Nach diesen zwei Ermahnungen fahre ich runter ins Lager und sammle erstmal meine Gedanken. Der Rest vom Team kommt Fahrer für Fahrer dazu und bei Fachsimpeleien über die Strecke und das Leben neigt sich der Tag seinem Ende zu.

Samstag. Seedingrun und Thüringische Meisterschaft. Frohen Mutes und mit frischer Kraft geht das Team in die Wertungen. Meine Zeit ist leider unterirdisch, aber nach den Stürzen und den unsicheren Trainingsläufen fährt das Rad heute wieder mit mir und nicht ich mit ihm. Jason Kuhnen fliegt in seiner Klasse die Strecke herunter und offenbart immer öfter sein Potential. Die großen Fußstapfen seines Bruders Noah scheinen ihm langsam ganz gut zu passen. Torsten und Sven kommen, wie gewohnt und erwartet, souverän ins Ziel. Eigentlich kommt das Beste ja zum Schluss, aber für Absolute Ergebnisse stellen wir hier schonmal gerne die Regeln um: ich stehe mit Thomas am Zielhang, Daniel ist seit 01:40min auf der Strecke und zeigt mal wieder allen, was ein Enduro alles kann, wenn der Fahrer alles kann. 01:50min, wir hören Jubel. 02:05min, wir hören Pfiffe und Daniel fliegt aus dem Wald über dem Flatterband entlang und hämmert in 02:12min über die Ziellinie.

Wir sind baff. Er ist erster.

Kevin „Kiwi“ Dewinski kommt noch eine Sekunde früher mit seinem brandneuen Nicolai G19 den Berg runtergehämmert und sichert sich einen Platz im oberen Fünftel der Elite Men. Übrigens ist das Bike so brandneu, dass es noch raw ist, also quasi frisch aus der Rahmenlehre. Und bevor ihr euch die Finger nach G19 wund sucht, wartet ab, was das Mountainbike Rider Magazin dazu schreibt. Nur so viel: die sind da was am planen dran. Kiwi hat jedenfalls, seitdem er das Bike hat, nur noch ein fettes Grinsen im Gesicht. Noah Kuhnen platziert sich im saustarken Starterfeld der Elite Men dann noch sauber im Mittelfeld.

Alle sind happy, jeder auf seine Art. Und wir haben den thüringischen Meister in unseren Reihen! Ein ganz besonderes Schmankerl, nachdem ja in Tabarz wegen eines Plattens leider nur der Deutsche Vizemeister für Daniel drin war.

Sonntag. Finaltag. Die Absolute Abfahrt ist mittlerweile absolutes Geballer geworden und die Strecke entsprechend ausgebombt. Es ist jedes Mal faszinierend, wie sehr eine Strecke ihr Gesicht verändert, sobald das Rennen richtig losgeht. Ich starte als fünfter. Und rutsche kurz nach dem ersten Sprung weg. Ich denke, ich muss zu meiner Laune auf der restlichen Abfahrt nichts mehr sagen…aber: es bleibt das Absolute Wochenende, denn es ist einfach alles dabei. Höhenflüge, Abstürze, Wut- und Mutsprünge, Bodenproben und verbogene Bremshebel, gute Gespräche, laute Fans, warme Sonne und mal wieder Ergebnisse, auf die wir stolz sind:

 

Elite Men:

Kevin Dewinski,               Platz 13,               02:10:690

Noah Kuhnen,                  Platz 55,               02:19:648

 

Pro Masters:

Daniel Jahn,                    Platz 14,                02:28:366

Sven Pfeiffer,                   Platz 22,               02:36:720

Torsten Rödl,                  Platz 35,                03:00:272

 

Open Men:

Jason Kuhnen,                Platz 19,               02:25:183

 

 

Man kann nicht immer gewinnen, aber wer es nicht versucht, der wird es niemals schaffen. Dazu brauchen wir übrigens kein Commitment oder Teamspirit. Wir haben Korpsgeist. Und den kann man weder kaufen noch lernen. Er bildet sich. Durch Freundschaft, Hingabe und Loyalität. Wer uns kennt, weiß wovon wir sprechen. Und nach diesen absoluten Worten sieht man sich in Thale zum Saisonabschluss, wir freuen uns auf euch!