Night on Bike in Radevormwald – Mountainbiken am Limit

Juli 2017

Radevormwald. 24h-Rennen. Diesmal nur Thomas und ich. Das Langstreckenprogramm geht im Kopf wieder los: einkaufen, Sachen packen, Bike checken und Setup anpassen, Auto vorbereiten, anreisen.

War da nicht noch was? Achja, wie sieht denn eigentlich die Strecke aus? Wo ist das Fahrerlager? Wo gibt es Strom? Verpflegungsstation? Startnummernausgabe? Egal, klappt schon alles irgendwie.

Samstag morgen.

Nico kommt bei mir vorbei und gemeinsam fahren wir los. Nach einigem hin und her können wir den sichtlich gestressten Ordner an der Einfahrt zum Fahrerlager überreden, unseren Einzelfahrer/Team-Bereich direkt an der Zufahrt aufzubauen. Offensichtlich rechnete man damit, dass alle Einzelstarter auch alleine kommen und in der Turnhalle pennen. Wir haben ihn mit unserem: „Wir brauchen Platz für nen langen Sprinter, einen Touran und ein 3x3m-Zelt, also ca. 35m² Wiese“ doch ein wenig aus dem Konzept gebracht…aber am Ende klappt alles und wir können direkt an der Strecke aufbauen und unser normales Programm abziehen. Ein wenig mehr Organisationstalent wäre seitens des Veranstalters aber ganz wünschenswert gewesen und hätte so manches Verkehrschaos insbesondere bei An- und Abreise etwas abgemildert.

Samstag mittag.

Wir gehen diesmal total entspannt an die Sache ran und wollen ruhig einsteigen, um Reserven für später zu haben. Auch, weil wir die Strecke nicht kennen. Wir bereiten die Bikes vor, kleben CO²-Pumpen an den Rahmen, tüdeln Schläuche in die Gussets und basteln Trinkflaschenhalter an die Rahmen. Meine Flasche landet diesmal auf dem Oberrohr, nahe am Sattelrohr und siehe da: der Ort ist perfekt. Man kommt super an die Pulle und sie stört nicht beim Fahren. Thomas und ich sind dann allerdings so entspannt, dass wir es gerade so pünktlich zum Start schaffen, nachdem wir uns durch eine Hecke gekämpft haben und uns ganz hinten in dem sehr überschaubaren Feld der insgesamt 35 24h-Einzelfahrer einordnen. Ich ernte noch einen scherzhaft-bösen Blick von ihm, als er rausfindet, dass es auch nur ein 12h-Rennen gegeben hätte, aber nun ist es ja zu spät. Guten Mutes und mit der Geschwindigkeit einer Tour zur Eisdiele steigen wir in den Track ein. Ich hatte vor der Anmeldung gelesen, dass es hier tatsächlich ein richtiges MTB-Rennen ist, der Geländeanteil diesen Namen verdient und auch etwa 50% der Strecke ausmacht.

Die Strecke.

Wir sind beide gespannt und gleich am Start positiv überrascht: Nach den ersten 200m auf Asphalt geht es erst auf ein Wiesenstück und dann direkt über einen Wurzelteppich bergab in zwei Schlammkurven und einen Hohlweg im Wald. Ein kleiner Schottertransfer führt dann zu zwei Anstiegen durch ein Wohngebiet mit der zweiten Überraschung: Es sind gefühlte achtundrölfzig Grad und ein Anwohner hat seiner Tochter den Gartenschlauch in die Hand gedrückt, mit dem sie fröhlich jeden! Fahrer beregnet, der das möchte. Supergeile Aktion! Diese Abkühlung haben sie dann auch bis abends kontinuierlich durchgezogen, herzlichen Dank nochmal dafür!

Nach der Bebauung geht es wieder in den Wald auf einen schnellen, kontinuierlich abfallenden Trail zu der besten Fankurve, die wir bisher erlebt haben: direkt nach einem Anstieg an einer Kuhwiese stehen, sitzen, klatschen, rasseln und schreien die ganzen 24h lang eine Gruppe von 15 Personen jeden den Anstieg hinauf. Selbst im heftigsten Regen, der brütenden Sonne und den zähen Morgenstunden wurde man hier auf das feinste motiviert!

Nach dem Fan-Abschnitt ging es dann über einen Asphalt-Anstieg und einen Straßentransfer vorbei an weiteren munteren Fans im Wohngebiet wieder mit einer Anfahrt in den Wald zu einem ausgedehnten auf und ab auf Waldboden. Am Ende des Abschnittes stand dann ein Wurzel-„Downhill“ an, der schon gut gescheppert hat, wenn man die Bremse offen ließ. War aber auch nötig, denn es ging direkt über Wurzeln auch wieder hoch in eine weitere Schleife im Wald. Diese mündete dann in eine extrem schön durch die Bäume gelegte Highspeed-Waldabfahrt mit eingefahrenen Anliegern.

Nachdem der Wald dann die Fahrer ausgespuckt hatte kam auch schon der von vielen beschworene „Schweineberg“. Eine enge und tiefe Lehm-/Geröllrinne in einem Hohlweg, die sich anfangs noch gut fahren ließ, aber mit zunehmender Zeit fast jeden Grip verlor. Auch hier säumten begeisterte Fans den Pfadesrand und feuerten alle an. Oben angekommen kam man direkt an der „Alm“ heraus. Einem Partybereich mit Livemusik, bei dem quasi ein kleines Volksfest aufgebaut war. Komplett mit Smoker/Grill auf 40-Tonnen-Lkw, einer Almhütte aus Holz und für die Fahrer mit einer Verpflegungsstation mit Obst und Getränken.

Ein Wiesentransfer führte dann in das letzte Drittel der Strecke. Ein erneuter Asphalt-Anstieg durch ein Wohngebiet mit einer Feldweg-Abfahrt und dem „Feuerwehr“-Anstieg, bei dem die Feuerwehrleute standesgemäß mit Blaulicht und Presslufthorn die Fahrer nochmal für den aus meiner Sicht ätzendsten Anstieg des Kurses motiviert haben: Ein langes, langes Stück mit heftiger Steigung durch ein Wohngebiet. Aber: gesämut von Fans und Anwohnern, die ebenfalls lautstark und mit langem Atem angefeuert haben.

Ein Asphaltstück über den Innenstadt-Ring führte dann zu einer langen und schnellen Wiesen-Abfahrt mit anschließender Graskurve, bei der man es richtig krachen lassen konnte und so einen super Einstieg in die „BMX-Strecke“ gefunden hat: einen Pfad mit fünf Kickern und einem Table am Ende. Alles super springbar, top geshaped und wiederum mit begeisterten Fans gesäumt. Und damit es am Ende nicht langweilig wurde, kam dann nochmal der letzte, kurze, aber extrem widerliche Anstieg hin zum Fahrerlager und den letzten Kurven im Fahrerlager zum Zielbereich.

Und dann wussten Thomas und ich auch, woran wir sind: 11,8km und etwa 250 Höhenmeter pro Runde. Mit viel Sand, Dreck, Wurzeln und geilen Fans. Nico und Yvonne waren wieder als Supporter dabei und Nico meinte nur: „Ihr seht ja richtig aus, als wäret ihr Mountainbike gefahren! Am Alfsee wart ihr immer sauber und hier: schön dreckig!“

Gute Vorsätze.

Nach meinem Debakel am Alfsee mit dem Einbruch nach fünf Runden hatte ich mir geschworen, es A) ruhiger angehen zu lassen und B) jede Runde mindestens eine Trinkflasche leer zu machen. Gesagt, getan. Nach drei Flaschen haben Thomas und ich die erste Pause eingelegt und uns beide gedacht: Wow, die Strecke hier liegt vom technischen Anspruch und den Anstiegen her am anderen Ende der Skala, wenn man den Alfsee zum Vergleich nimmt. Dennoch sind wir uns auch einig, dass die Strecke sehr schön gelegt ist, wirklich Spaß macht und die Fans der Knaller sind! Allerdings planen wir auch nach den ersten drei Runden am Stück ein, jede Runde eine Pause zu machen, da die Anstiege schon derbe in die Beine gehen und wir ja immerhin diesmal die ganzen 24h durchfahren wollen!

Die Nacht. Das Wetter.

So fahren wir zunächst bis in die Dämmerung, als mich blitzartig ein Krampf trifft. Ich rutsche an einer Wurzel weg und muss das Rad auffangen, dabei sticht mir plötzlich etwas in die Wade und ich kriege das Bike kaum wieder auf den Trail. Es gelingt mir dann doch, aber wo einmal ein Krampf war, entwickeln diese Biester ja immer so einen Mietnomaden-Habitus und wollen dann nicht mehr gehen, ohne alles zu verwüsten…Ich fahre die Runde also entspannt zurück und schiebe eine Genesung von 90 Minuten ein, derweil Thomas entspannt noch eine Runde dreht. Es ist für mich immer wieder faszinierend, wo er diese Kraft hernimmt, das kann ja nicht alles vom Kaffee-trinken kommen… Als er wieder da ist, montieren wir die Lampen und ziehen kurz vor dem Losfahren noch schnell unsere Universal-Regen-/Windjacken von Continental über, denn es fängt leicht an, zu nieseln, der Wind frischt auf und die Wolken sind dunkel. Und tatsächlich kommt der Regen ca. zehn Minuten später zunächst verhalten und mit entfernten Blitzen hinter den Hügeln. Die Atmosphäre verdichtet sich dann mit immer heftigerem Donner und Blitz und einsetzendem Platzregen. Es ist schön schaurig auf der Strecke, denn außerhalb des Waldes zeichnen sich immer wieder die Silhouetten der umliegenden Wälder und Berge gegen den Himmel, wenn wieder ein grellweißer Blitz die Dunkelheit zerreißt.

Nach der Hälfte der Strecke läuft mir das Wasser erst durch die Ärmelnähte an den Armen herab und dann auch am Bein lang in die Schuhe, die bis dahin schön trocken und warm waren. Die Runde wird zur Wasserschlacht und die Helm- und Radlampen lassen den Regen in der Nacht aussehen, wie das Intro von Star Wars. Dicke Tropfen klatschen von der Startnummer in die Lichtkegel der Lampen und sorgen für kleine Feuerwerke aus Wasser. Wir haben beide unseren Spaß, wissen aber noch nicht so genau, wie das weitergehen soll. Denn klamottentechnisch ist halt irgendwann Ende mit trockenen Sachen und das Rennen geht ja noch 14 Stunden…wir kommen erstmal nach unserer Amphibienrunde ins Lager und wollen da weiter überlegen.

Die Dämmerung.

Um drei Uhr beschließen wir, bis um sechs zu pennen, den Regen abzuwarten und dann erneut anzusetzen. Als ich allerdings um viertel vor sechs nicht von meinem Wecker, sondern von ins Zelt schlagendem Regen im Gesicht geweckt werde, denke ich mir: unser Plan war gut, hatte aber Lücken…Natürlich ist nichts nachts getrocknet, natürlich regnet es immer noch. Egal, es gibt erstmal Kaffee und einen Blick in den Himmel: es sieht so aus, als sollte so gegen sieben die Sonne mal durch die Wolken kommen. 

Um 0745 tut sie es dann auch und kurz darauf sind Thomas und ich wieder auf dem Rad. Die Strecke ist tatsächlich noch matschiger, als wir gedacht haben. Die Kurven am Anfang, insbesondere vor dem Hohlweg sind etwa 15cm hoch mit einer Masse bedeckt, die eher an frischen Beton, denn an Waldboden erinnert und sich auch genauso fährt. Im Wald selbst sind die Böden dann natürlich alle weich, aber eigentlich noch gut fahrbar. Die Wurzeln rutschen zwar extrem und verlangen nach der kurzen Nacht viel Konzentration, lassen sich aber meistern. Den Schweineberg hochzufahren haken wir aber gleich ab. Es würde gehen, aber einfach unverantwortlich viel Kraft kosten und am Ende kaum was bringen, also wird auf dem steilsten Stück für 70m geschoben. Danach kann man dann aber wieder schön durchziehen.

Der Morgen.

Als wir am Lager ankommen, wiegt mein G13 gefühlte drei Kilo mehr, denn es klebt so viel Matsch am Rad, dass man glauben könnte, ich hätte es mit Strukturlack umlackieren lassen und vorher Bauschaum darauf verteilt. Wir haben noch gute drei Stunden bis zum Rennende und wir beschließen, noch eine Runde zu fahren und dann eine Pause einzulegen für die finale Runde. Vor der letzten Runde gönnt mir Nico seinen Aufguss-Kartoffelpüree-Topf und die erste warme Mahlzeit nach 22 Stunden tut richtig gut. Denn leider ist die Verpflegung während des Rennens nicht annähernd so gut, wie die Strecke oder die Fans.

Die Verpflegung.

Warmes (Frikadellen und Bockwürste) gibt es nur vom Bulettenwagen und gegen Geld. Ansonsten kann man sich an Müsli-Riegel Happen, ein paar Früchten und Sandkuchen, sowie an Wasser, Orangen-Erfrischungsgetränk-Ersatz und kleinen Proteinmilchshakes aufputschen. Nicht berauschend, aber nach dem Alfsee ist wohl verpflegungstechnisch alles andere zwangsläufig eine Enttäuschung. Und noch etwas irritiert uns zwischenzeitlich total: das Hauptevent ist zwar die „Night on Bike“ von 21:00 bis 09:00, aber das ist doch kein Grund, damit anzufangen, das ganze Gelände ab etwa halb elf komplett abzubauen? Auf den letzten Runden hatte Thomas und ich fast das Gefühl, wir fahren hier alleine herum und den anderen fünf Fahrern ging es wohl genauso. Abgesehen von den Fans an der Strecke, die waren auch um halb zwei noch genauso motiviert, wie am Tag zuvor!

Als Thomas und ich dann das letzte Mal über die Ziellinie gehen, sind wir uns sehr einig: geile Strecke mit hohem technischen und konditionellen Anspruch, geile Fans, gutes Fahrerlager, mäßige Duschen, zu wenig Toiletten, etwas enttäuschende Verpflegung und einfach zu verbessernde Gesamtorganisation. Und für die Unterstützer im Fahrerlager wäre es auch nett, wenn der DJ mehr als zwölf Lieder mitbringen würde. Aber alles in Allem eine super Erfahrung und gerade das 12h-Nachtrennen ist für die eine oder den anderen mit Sicherheit ein toller Einstieg in die Langstreckenrennen.

Abflug.

Nachdem Yvonne und Nico schon alles während unserer letzten Runde zusammen gepackt haben, müssen wir nur noch duschen und sind dann auch schon wieder auf der Autobahn, zu hause und dann im Bett. Der Mühe Lohn? Thomas ist in der Gesamtwertung mit 12 Runden auf Platz 20, ich finde mich mit 11 Runden auf Platz 23 wieder. Vielleicht hätte mehr gehen können, aber die Strecke mit ihrem Profil war schon verdammt anspruchsvoll und für eine wirklich gute Platzierung muss man mehr und vor allem konzentrierter und deutlich stärker auf dieses Rennen fokussiert trainieren. Wir sind jedenfalls zufrieden und es war eine tolle Erfahrung, diese Strecke unter die Stollen und diese Fans am Streckenrand zu bekommen!

Was haben wir gelernt? Der Continental Mountain King 2,2 Protection war vorne und hinten perfekt; als der Regen kam, kam der Mud King 1,8 Protection vorne dazu und es war weiterhin perfekt. Das Ion G13 lag besser in den Abfahrten, das Helius TB besser in den Anstiegen, aber insgesamt waren beide Räder in ihrem Element und haben eine Menge Spaß gemacht. Yvonne und Nico haben uns perfekt unterstützt und ihre Vor- und Nachsorge hat uns das schöne Rennen ermöglicht, was wir in Radevormwald definitiv hatten. Auch wenn es schon wieder so ein beknacktes 24h-Ding war. Damit müssen wir mal aufhören. Ist ja total albern, so lange zu fahren. Vielleicht rockt man ja nächstes mal die Strecke mit nem Achter-Team in der 12h-Variante? Denn ballern kann man da. Und zwar richtig!

Und damit es nicht langweilig wird im Kalender, geht es als nächste Station dann zum IXS GDC nach Tabarz. Denn die All-Mountain-Kisten brauchen jetzt mal Ruhe und den 200mm-Rädern wird langsam wieder langweilig.

Bis dahin:

geht Fahrrad fahren!

Besten Gruß,

Norman

Da sind sie noch sauber...

Da wurde nicht zuviel versprochen.

Thomas, voll im 80ies modus

Das Lager. (und zwei Beine)

Immer dabei!

Egal bei wem.

Auf der Frühabendrunde war noch alles tutti.

Endlich wieder Dreck!

Bremse offen lassen und durch da!

Das G13 wie immer souverän am Berg

Aber auch das Helius brauchte sich auf der Strecke nicht verstecken. Baggermatsche!

Da fragt man sich ja schon, was gerade in dem Reifen so vor sich geht...

Guck mal blöde! Danke, reicht.

Der Herr der Schrauben, Nico unser Mechaniker.

Startschuss und los geht´s

Jaja, ist der Schweineberg durch, steigt nur noch die Laune, nicht mehr der Trail.

Stützräder vergessen?

Zielsprint am kleinen Bruder des Schweinebergs

Und Gas geben auf der BMX-Strecke

Verdammt, mein Eis ist runtergefallen.

Heldenpose muss auch mal sein

Schrei sie kaputt, die Drecksanfahrt!

Vorletzte Runde, da kommt wieder Freude auf

Oh, oh, oh, das kann teuer werden! Nee, wird´s nicht. Habe ich noch achtmal in der Kiste das Teil...

Warum sind bloß alle so neidisch auf mein Kissen?

Bei der Wärme fiel cool sein nicht leicht.

Du kannst hier nicht parken, das ist Conti-Land!

Maschinen in gelb.

Schön war´s!

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