Mission 24h Alfsee Solo – Bin ich mein eigener Held?

Mai 2022

Die Mission Alfsee begann im Jahr 2019. Ursprünglich hatte ich mich als Fahrer eines 6er-Teams angemeldet. Was dann kam, wissen wir alle. Coronabedingt fiel das Rennen zweimal aus.  2022 sollte es nun doch endlich wieder stattfinden. Also hieß es: 6er-Team Alfsee 24h. Doch mit diesem Gedanken konnte ich mich nicht mehr anfreunden. Ich hatte irgendwie keine Motivation in einem Team zu fahren, wo ich den Takt des Teams mitgehen muss.
Da hatten sowohl der BikeBauer Teamchef Thomas als auch Eddy mehrere tolle Ideen und Lösungsvorschläge. „Koni, Du fährst jetzt für den BikeBauer!“ oder „Koni, starte doch mit uns als Einzelstarter.“ Klar, dachte ich kopfschüttelnd, Einzelstarter. Einzelstarter waren doch immer meine Helden auf den 24h Rennen, die ich in der Vergangenheit bestritten habe. Jetzt soll ich auf einmal selbst Einzelstarter sein? Das schien mir in diesem Moment noch surrealer, als das 6er-Team. Doch sowohl Thomas als auch Eddy war sofort klar, dass ich Lunte gerochen habe und die Überzeugungsarbeit begann umgehend. Es folgten Sprüche wie: „….wir machen das ganz easy“ oder „…..das ist ganz locker, kannst Dir Zeit und den Rhythmus selbst einteilen“. Ja, ich hatte Bock mit den Jungs was zu starten und das Projekt Einzelstarter kam in meinem Kopf langsam an. Letztendlich habe ich mich dann auch als Einzelstarter angemeldet.

Die Tage vor dem Rennen wurden genutzt, um unsere Nicolai Saturn 11 rennfertig zu machen. Schließlich muss nicht nur der Mensch das Rennen problemfrei absolvieren, sondern das Material auch. Gabeltausch, Laufradsätze fertig machen, Reifen Setups wählen, Material checken, … Nachdem alles gecheckt und verpackt wurde, ging es freitags mit dem gelben Sambabus in Richtung Rieste. Im Radio erzählte man die ganze Zeit etwas von Superzelle, Starkregen, heftige Gewitter, … Das machte es nicht gerade leichter, sich die nächsten Tage auch nur ansatzweise vorzustellen. Als wir angekommen waren, haben wir das Teamzelt aufgebaut und am Sprinter vor dem Wegfliegen gesichert. Mehr hatten wir aufgrund der Wettervorhersage nicht aufgebaut. Nach einer ordentlichen Pommes mit Currywurst und einer Pizza zum Dessert, ging es dann langsam in Richtung Hotel.

Nach einer Nacht im Hotel und einem tollen Frühstück, machten wir uns auf den Weg zu Zelt und Sprinter. Alles stand noch an seinem Platz und es hatte in der Nacht auch nur leicht geregnet. Also restliche Sachen raus aus dem Teambus und aufbauen. Schnell stand unser Lager und als dann auch die MTBs draußen standen, kam ein bisschen Rennfeeling auf. Norman und Nico, natürlich auch Team BikeBauer, stießen dazu. Sie sollten dafür sorgen, dass wir drei Fahrer uns nur aufs Fahren konzentrieren müssen. Den dann folgenden, so reibungslosen, selbstverständlichen und perfekten Support , habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht ansatzweise geahnt. Radklamotten an, kurzer Bikecheck, Trinkflaschen aufgefüllt ging es um kurz vor 14 Uhr Richtung Start. Dort war schon ordentlich Stimmung. Im Startblock konnte ich dann endlich meinen Sohnemann Flo und meine Frau Kaethe im Zuschauerbereich entdecken. Flo hatte das gelbe BikeBauer Trikot an – damit fällt man auf. Nach kurzer Zeit wurde dann endlich der Countdown für unseren Startblock angestimmt. Aus dem Zuschauerbereich wurde lauthals 10, 9, 8, … gezählt und dann kam der Startschuss! Endlich ging es los!

Meine Taktik hieß eigentlich nur „easy going“. Bloß nicht übertreiben und nicht anfangen zu pushen. Dafür war der Respekt vor den anstehenden 24 Stunden zu groß. Der Anfang der Strecke ging durch einen kleinen Waldabschnitt im Baumslalom. Anfangs wusste ich nicht, ob der breite Lenker überhaupt zwischen den Bäumen hindurchpasst. Wenn aber die Anderen durch kommen, schlußfolgerte ich, dann komme ich da auch durch. Nach zwei Rampen und Abfahrten und ein bisschen Getümmel, ging es zum ersten Mal auf die Deiche – Sammeln und Durchpusten war angesagt. Kurz darauf folgte dann auch der berühmt berüchtigte Kartoffelacker und dann ging es Richtung Seehaus. Dort wurde ich zum ersten Mal Zeuge, was das BikeBauer-Team an Support zu leisten vermag. Yvonne aka Nicole war bereit, dem ganzen Deichbereich zu signalisieren, dass das Team BikeBauer im Anflug war. Das ganze unterstützt von meiner Familie mit Kaethe und Flo. Gänsehaut! Man hatte mich ja vorgewarnt, aber was dann kam übertraf einfach komplett meine Vorstellung. Die Unterstützung hielt natürlich über die Dauer des kompletten Rennens an und fand an den unterschiedlichsten Orten statt. Klasse! Ihr Drei habt den Anfeuerungspreis auf jeden Fall gewonnen. Ich wusste nicht, dass man Rasseln, Filmen, Schreien und viel mehr auf einmal machen kann. Multitasking as its best. Wahnsinn!!! Vielen Dank dafür!!!

Nach den ersten drei Runden hieß es dann Flaschen auffüllen. Wieder wurde ich Zeuge, wie Teambetreuung beim Team BikeBauer funktioniert. Normen und Nico standen bereit, nahmen uns die Räder ab, checkten jedes einzelne Saturn durch, wachsten die Ketten, fragten nach Setup Änderungen, hatten eine neue gefüllte Trinkflasche parat und hätten uns vermutlich (fast) jeden Wunsch erfüllt. Nico zeigte dabei noch seine Kaffeekochkünste, auf den ich aber, meinem Magen zuliebe, erst einmal verzichtet habe. Diese Art von Betreuung fand während des ganzen Rennens statt und wurde in der Nacht sogar noch durch Reparaturarbeiten an Schaltung und Schaltauge erweitert. Das Ganze mit einer Selbstverständlichkeit, Ruhe und Freundlichkeit, wie ich es nicht kannte und auch sicher nicht erwartet hätte. Auch dafür, vielen DANK!!!

So lief das Rennen vor sich hin und es wurde langsam dunkel und kälter. Die Kälte sollte noch zu meinem Hauptgegner werden. Dazu aber später mehr.

Um Mitternacht herum begann ich eine neue Runde die mich nach etwa zwei Kilometern vom Rad gehauen hat. Hungerast – ohne Ankündigung und voll da. Unangenehm, wenn man noch 10 Kilometer vor sich hat. Trinken half auch nicht viel, also hieß es Augen zu und durch und einfach nur ankommen. Der Kartoffelacker fühlte sich wie eine Hüpfburg an. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich dann endlich in unserem Lager an. Mein Weg führte direkt in die Wechselzone in der Hoffnung, dass dort Brauchbares für mich stand. Hunger hätte ich auf Nudeln oder eine warme Brühe gehabt. Fehlanzeige. Beides nicht da und somit musste ich mich mit ein paar Brötchen und einem heißen Kräutertee begnügen. Im Lager sitzend und meinen heißen Tee schlürfend, merkte ich, wie mir immer wieder die Augen zufielen und mir stetig kälter wurde. Die Motivation wieder aufs Rad zu steigen sank mehr und mehr. Irgendwann lag ich frierend in meinem Schlafsack und hörte immer nur Thomas rufen, „… Koni, komm wir fahren“, „… Koni, nicht einschlafen… „, “ … Koni…“, „… Koni …“, …

Irgendwann konnte ich mich wieder aufraffen, habe mich umgezogen und bin erneut aufs Rad gestiegen. Gemeinsam sind wir dann Runde um Runde das Rennen gefahren. In den Pausen traten Thomas und Eddy als große Motivatoren und Anpeitscher auf. Sie motivierten mich immer wieder Runde für Runde zu fahren. Irgendwann ging es dann endlich auf die letzte Runde. Der BikeBauer-Teamzug schoss über die Strecke und am Seehaus angekommen, wurde ich das letzte Mal Zeuge wie Yvonne rasselnd, brüllend und fotografierend den kompletten Bereich beschallte und unterhielt. Man konnte sie noch nicht sehen, aber hören war kein Problem. Unsere Namen schallten über das komplette Festivalgelände. Wahnsinn!!
Mit Gänsehaut und feuchten Augen fuhren wir über die Ziellinie. Die Mission 24h Alfsee Solo war geschafft!

Prinzipiell bin ich zufrieden. Meine mindest Kilometerzahl habe ich erreicht, bin nicht gestürzt oder verletzt und es ist auch sonst nichts Negatives passiert. Hadern tue ich jedoch mit meiner eingelegten Nachtpause. Die darf so nicht mehr vorkommen und sollte sich beim nächsten Soloritt nicht mehr wiederholen. Habe ich gerade „…bei meinem nächsten ……“ gesagt?

Nach Ankommen, Runterkommen, Einpacken und Abbauen, ging es in Richtung Hotel, wo ich mit meinem Teampartner Eddy wieder das Zimmer bezog. Wusstet ihr eigentlich, dass Eddy auf Knopfdruck schlafen kann?

Den Abend ließen wir dann noch mit ein paar ordentlichen Schnitzeln und Kaltgetränken ausklingen.

Am Montag ging es auf die Rückreise.

Was nehme ich mit von diesem Event? Bin ich jetzt mein eigener Held, weil ich die 24h Solo gefahren bin? Nein, ich bin zwar stolz aber Helden sind all diejenigen, die das möglich gemacht haben und mich unterstützt haben. Vielen, vielen Dank dafür.
Weiter nehme ich mit, dass so etwas auch nur mit perfektem Material funktioniert. Unsere Nicolai Saturn 11 MTBs, ausgestattet mit SR Suntour Gabeln, Veltec Laufrädern, Conti Reifen, Bikeyoke Sattelstütze, Ergon Sattel, ResetRacing Komponenten und LevelNine Anbauteilen liefen perfekt und funktionierten tadellos.
Mit diesem Team stehe ich fürs nächste Jahr bereit, will aus meinen Fehlern lernen und die 24h vom Alfsee gerne wieder in Angriff nehmen.

Danke für alles, Ihr seid meine Helden.

Euer Carsten aka Koni

 

Nachtrag von Thomas in eigener Sache:

Lieber Einzelstarter mit der Startnummer 1179,

tausend Dank, dass Du mich nachts um drei aufgrund meiner ausgefallenen Beleuchtung die halbe Strecke mit Deiner Lampe eskortiert hast. Teamwork makes the dream work!

Beste Grüße & vielen Dank

 

Der Teamchef kann auch romantisch

Vollblutfans

Erstmal etwas essen

Frühstück ist fertig

Team BikeBauer

Jetzt aber flott!

Kaffee? Läuft!

Nicht ohne unser Teamzelt